Rosa Winkel? Das ist doch schon lange vorbei ...
Ein Film von Peter Recht, Christiane Schmerl und Detlef Stoffel
D 1975/76
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In den Konzentrationslagern der Hitler-Faschisten gab es eine Häftlingsgruppe, die von den Geschichtsschrelbern bis heute gern vergessen wird: die Homosexuellen. Gekennzeichnet waren sie durch ein rosa Dreieck, das an der Kieidung aufgenäht war. Die Männer mit diesem" Rosa Winkel" wurden nicht nur von den Faschisten, sondern oft auch von ihren Mitgefangenen unterdrückt. Zitate und Fotos dokumentieren am Anfang des Films den brutalen Terror gegen Schwule in den Konzentrationslagern.
Nach dem Krieg änderten die Herrschenden und die Bevölkerung in der BRD ihr Verhalten gegenüber Schwulen kaum. Der von den Nazis verschärfte § 175 wurde nicht verändert, KZ-überlebende Schwule erhielten bis heute keine Wiedergutmachung.
Auch nach zwei "Liberalisierungen" des § 175 in den letzten Jahren gehören Diskriminierung und Existenzvemichtung noch immer zum täglichen Leben von Homosexuellen.
Vier Betroffene berichten im zweiten Teil des FlIms über Schwulendiskriminierung heute:
- Rechtsanwalt atto Jänisch, Saarbrücken, wurde erst nach erheblichen Schwierigkeiten und einer Pressekampagne als Anwalt zugelassen. Damalige Stellungnahme der saarländischen Anwaltskammer: "Die etwaige Unterhaltung homosexueller Beziehungen läßt den Bewerber nicht würdig erscheinen, den Beruf eines Rechtsanwalts auszuüben."
- Werner Janik, Mitglied einer Bonner schwulen Emanzipationsgruppe, wurde von zwei Gerichten zu einer dreimonatigen Beugehaft verurteilt, weil er sich weigerte, die Namen von Mitglledern seiner Aktionsgruppe vor Gericht zu nennen.
- Olav Meyer-Sievers, die Polizei holte den Hamburger Schüler buchstäblich aus dem Bett seines Freundes.
- Reinhard Koepp wurde in Westberlin aus dem Schuldienst entlassen, weil er sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekannte. Obwohl Schüler und Eltern protestierten, ist er bis heute als Lehrer mit Berufsverbot belegt.
!m dritten Teil des Films werden Ansätze zur Gegenwehr gezeigt:
Szenen aus dem ersten schwulen Agitationstheater in der BRD, ."Brühwarm - ein schwuler Jahrmarkt", vertiefen noch einmal die Absicht des Films, die direkte Linie der Schwulenunterdrückung vom Faschismus bis heute herauszuarbeiten:
- die Therapieszene beschreibt jeden Versuch, Schwule zu "heilen", als brutalste Folter;
- das Parkbankgespräch zwischen einem ehemaligen KZ-Schergen und einem ehemaligen Bundesverfassungsrichter zeigt, daß der Geist von "damals" auch heute noch die Geschicke unseres Staates lenkt.
Wie Schwule sich in Aktionsgruppen organisieren, zeigt schließlich ein Gespräch mit einer Braunschwelger Schwulengruppe.
Symbol der intemationalen Schwulenbewegung ist heute der Rosa Winkel - eine Erinnerung daran, wohin Schwu!enunterdrückung führen kann, wenn Schwule nicht aktiv für ihre Rechte kämpfen.
Und: Schwulenunterdrückung betrifft jeden, denn Sexualunterdrückung war schon immer ein Mittel zur Beherrschung von Menschen.
Produktion Universität Bie!efeld, Fakultät für Soziologie.
Ein Film von Peter Recht, Christiane Schmerl, Detlef Stoffel.
Mitwirkende Harald A. Bähr, Otto Jänisch, Werner Janik, Reinhard Koepp, Rüdiger Lautmann, Corny Litttmann, Olav und Ingrid Meyer-Sievers, Ralph Mohnhaupt, Manfred Riehle, Frank Seimer u, a.
Sprecher Christian Pätzold, Horst Schilly
Typografie Claus Pfitzner
Format 16 mm, schwarzweiß, Magnetton, Laufzeit 48 Minuten
"Wir sehen unseren Film nicht als ein isoliert zu betrachtendes 'Kinoereignis' an - er soll vielmehr Ausgangspunkt für möglichst intensive anschließende Diskussionen sein. Einsatz finden sollte der Film im Ausbildungsbereich (Schule, Volkshochschule, Hochschule), wie auch in Jugend- und Bürgerzentren, Alternativ-und kommunalen Kinos usw. Dabei wäre es sicher positiv, wenn entsprechende Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit schwulen Aktionsgruppen durchgeführt werden können."
(Aus dem zur Premiere am 6.11.1976 erschienenen Infoflyer zum Film)
Zu diesem Fiirn erscheint die Broschüre "Rosa Winkel? Das ist doch schon lange vorbei, .. " Materialien zum gleichnamigen Film von Peter Recht, Christiane Schmerl und Detlef Stoffel. Sie enthält das komplette Drehbuch, eine Materialiensammlung sowie eInen ergänzenden Anhang. 84 Seiten, 2farblg, geheftet.
AJZ Druck&. Verlag GmbH, Bielefeld.